Montag, 05.05.2025 – ab 17:00 Uhr in der Stadtbücherei Hagen.
Buchtitel:
Gutes Geld (2024).
Autorin:
Philippa Sigl-Glöckner.
Mit der parlamentarischen Bedeutungslosigkeit der FDP scheinen plötzlich auch die Stimmen ihrer neoliberalen Wortführer aus der medialen Öffentlichkeit zu verschwinden. Nun geht es also nicht mehr um die Frage, ob der Staat für notwendige gesellschaftliche Aufgaben neue Schulden aufnehmen soll, sondern den Streit darüber, für welche Vorhaben und in welchem Umfang dies gesehen soll. Eigentlich doch der ganz normale politische Prozess. Eigentlich….
Die Autorin Philippa Sigl-Glöckner ist Expertin für Finanzpolitik sowie Geschäftsführerin und Mitgründerin der Denkfabrik Dezernat Zukunft. Sie ist ebenfalls Co-Vorsitzende des wirtschaftspolitischen Beirats der SPD.
In ihrem Buch „Gutes Geld“ (2024) beklagt sie, dass Geld „dorthin fließt, wo es bereits im Überfluss vorhanden ist: in komplexe Finanzprodukte oder teure Immobilien. Gleichzeitig mangelt es in Bereichen, wo es dringend benötigt wird, wie in Kindergärten, Pflegeeinrichtungen oder Forschungsinstituten.“ Im Weiteren fragt sie, „welche Finanzpolitik nötig wäre, um in den Kapitalismus menschlicher zu gestalten – einen Kapitalismus, der in zukünftige Generationen investiert, allen die Chance auf gute Arbeit gibt und das Klima schützt.“
Darüber wollen wir am 05.05. ins Gespräch kommen und dabei sicher auch auf die Hagener Kommunalfinanzen Bezug nehmen.
Dr. Christian Kingreen wird das Buch vorstellen!
Klaus Hirschberg
Buchdiskussion „Gutes Geld“ – Zwischen Schuldenbremse, Demokratie und Zukunftsinvestitionen
Im Rahmen einer lebhaften und zugleich tiefgründigen Buchdiskussion stand am gestrigen Abend das Werk „Gutes Geld“ von Philippa Sigl-Glöckner im Mittelpunkt. Nach einer präzisen Einführung durch Dr. Christian Kingreen, der zentrale Thesen des Buches anschaulich darstellte, entwickelte sich eine kritische und engagierte Debatte rund um die Schuldenbremse – jenes finanzpolitische Instrument, das in Deutschland seit Jahren die öffentlichen Ausgaben begrenzt.
Im Zentrum der Diskussion stand die Frage, ob die Schuldenbremse – wie im Buch bezeichnet – tatsächlich als „undemokratisch“ einzustufen sei. Die Teilnehmenden beleuchteten die historische Entstehung dieser Regelung: Sie sei als verfassungsrechtliche Maßnahme eingeführt worden, um langfristige Sparziele über kurzfristige politische Programme hinweg zu sichern. Ziel war es, staatliche Ausgaben von tagespolitischer Willkür zu entkoppeln – eine Maßnahme, die vermeintlich dem Schutz der Bevölkerung dienen sollte.
Gleichzeitig wurde deutlich, dass sich diese Grundannahme zunehmend als problematisch erweist. So argumentierte man in der Runde, dass gut eingesetztes, „gutes Geld“ – etwa für Bildung und Infrastruktur – sich langfristig nicht nur finanziell rechne, sondern auch gesellschaftlich auszahle: durch steigende Beschäftigung, bessere Löhne und eine stabilere Gesellschaft.
Konsens herrschte darüber, dass die strenge Sparpolitik der vergangenen Jahre – insbesondere während der Kanzlerschaft Angela Merkels – zu deutlichen Missständen geführt habe: eine marode Infrastruktur, ein erschöpftes Bildungssystem und wachsender sozialer Unmut. Letzterer wird, so eine pointierte Analyse im Kreis, von populistischen Kräften wie der AfD erfolgreich aufgegriffen und politisch instrumentalisiert.
Besonders eindrücklich war der Verweis auf historische Parallelen: Fachkundige Beiträge aus der Runde zogen Linien zu rigiden Austeritätsprogrammen der Vergangenheit, bis hin zu Maßnahmen im Nationalsozialismus, die Schuldenabbau und Staatsdisziplin als ideologische Instrumente einsetzten. (Anmerkung: Diese Parallele ist historisch umstritten und sollte mit differenzierter Einordnung betrachtet werden.)
Im Ergebnis war sich die Literaturgruppe einig: Eine Reform der Schuldenbremse ist notwendig – nicht als Abkehr von ökonomischer Vernunft, sondern als demokratischer Impuls für Freiheit, Gerechtigkeit und nachhaltigen Wohlstand. Eine Finanzpolitik, die auf Vollbeschäftigung, gute Löhne und sozialen Ausgleich setzt, sei der eigentliche Kern demokratischer Verantwortung.
Zum Abschluss richtete sich der Blick auf die lokale Ebene: Die Stadt Hagen zählt zu den am höchsten verschuldeten Kommunen Nordrhein-Westfalens. Der Rückzug vieler Unternehmen in den letzten Jahrzehnten hat zu einem eklatanten Verlust an Gewerbesteuereinnahmen geführt – mit der Folge, dass die Steuerlast für verbliebene Betriebe steigt. Die Gruppe war sich einig: Es braucht auch hier „gutes Geld“ – zielgerichtete Investitionen.